Bericht – PHACE

Begrüßt zum ersten ZZM-Konzert dieses Jahres wurden die zahlreichen Zuhörer am Empfang mit Goodie Bags von PHACE.

In Fast Darkness begab sich PHACE auf eine wilde und virtuose Erkundung des Unbekannten.

Das Programm des Abends:

Daniela Terranova

Notturno in forma di rosa
für Flöte, Klarinette in Bb, Piano, Violine und Cello, (2016)

Ein Gedicht über eine Rose handelt kaum jemals von einer Rose im botanischen Sinne: Die Schönheit der Blume ist ein Archetyp, ein einzelnes Zeichen, in dem sich unendliche Bedeutungen verbergen. Umberto Eco prägte mit Blick auf das Bild der Rose den Ausdruck „grenzenlose Semiose“, um sich auf diese unbegrenzte Möglichkeit menschlicher Interpretation zu beziehen. Er erwähnte, dass die Rose so viele Bedeutungen symbolisierte, dass „sie kaum noch Bedeutung hat“. Dieser Bedeutungsreichtum ermöglicht es, die Blume als Metapher für die verborgene Essenz der Komposition selbst zu verwenden und sich der Schwelle zu nähern, dem „Limes“, der das, was durch Intuition wahrgenommen wird, von dem trennt, was durch intellektuelle Fähigkeiten verstanden werden kann. In der Arbeit stellen die Klänge glatte Formen dar und zeichnen eine Linie, die sich spiralförmig zusammenzieht und nach außen ausdehnt, wie die Umrisse der Blütenblätter einer Rose. Wenn die musikalische Figur im Begriff ist, sich selbst zu definieren, löst sie sich in neue Figuren auf und erzeugt ein Gefühl der Offenheit: ein Arbeitsprozess, der ständig beginnt und wieder aussetzt, der eine Struktur entwirft, die über einzelne Objekte hinausgeht, um größere klangliche Kontinuitäten zu weben.

Chaya Czernowin

Fast Darkness III: Moonwords
Sextett für Flöte, Klarinette, Piano, Violine, Viola und Violoncello (2022)

Fast Darkness III ist der letzte Teil der Trilogie Fast Darkness, 2020–2022. Geschrieben im Jahr 2022, ist es eine 16 Minuten lange virtuose, wilde und überwucherte Erkundung. Schnelle Gesten, gezeichnet mit scharfer Feder und aufgeladen mit aufgeregter Energie, informieren den Zuhörer über ein großes Universum, das sie umhüllen.

So wie ein verwickelter Kletterast eine Vorstellung von dem Haus vermitteln kann, auf das er klettert, offenbaren die energiegeladenen Gesten in Fast Darkness III die Präsenz des Universums, das sie umhüllen. Diese Offenbarung wird im Stück nie hörbar, aber hoffentlich ist sie eine Nachwirkung davon.

Pasquale Punzo

Immagini d’orizzonte
für Flöte, Klarinette, Klavier, Violine und Cello  (2021)

Fünf Instrumente und ein einziger horizontaler Vektor, der das gesamte Stück als Grenzlinie charakterisiert, die zunächst dünn, weit entfernt und unbestimmt ist, aber als Achse der Komposition und der vier Sätze konstant bleibt.

Sie verändern sich allmählich im Laufe der Zeit und sollen vier Horizonte darstellen, die unterschiedlich oder gleich sind und erst am Ende vom Hörer definiert werden.

Bruno Strobl

Schatten
für Ensemble (2024)
Kompositionsauftrag von PHACE, mit finanzieller Unterstützung des SKE-Fonds

Schatten von Klängen. Im Schatten stehen. Verdeckt werden vom Schatten.
Schatten als mögliches Versteck. Schatten bedrohlich.
Viele Schatten auf dieser Welt. Menschen im Schatten von Konflikten.
Schatten als Spiegelbild der Seele.
Reich der Schatten: Dunkelheit, Nacht, Tod.
Frieden schließen mit unseren Schatten.

Thomas Wally

Concertino
für Violine und Ensemble (2024)
Kompositionsauftrag von PHACE, mit finanzieller Unterstützung des BMKOES und SKE-Fonds

Es gibt Kompositionen, deren Gesamterscheinungen sich schwerlich jeweils auf nur eine konkrete Idee als gemeinsamer Nenner reduzieren lassen. So im Fall von Concertino für Violine und Ensemble, einem etwa zwanzigminütigen Werk für Violine und tief besetztes Ensemble. Bei dem Versuch, dieses zu tun, fällt der gemeinsame Nenner etwas unkonkret bzw. oberflächlich aus. Im Fall von Concertino könnte man den (teils hoch-virtuosen) Solopart nennen, dem das (wie schon erwähnt) tief besetzte Ensemble gegenübersteht: Bassflöte, Bassklarinette, Baritonsaxophon, Klavier, Violoncello und Kontrabass.

Mehrere musikalisch-kompositorische Ideen prägen das Werk: 1) Eine aus der Obertonharmonik gewonnene, vom Phänomen des Shepard-Tones inspirierte spiralartige Konstruktion, die den Beginn des Werkes prägt, zunächst als sich nur langsam vorantastende Harmonik, die sich in weiterer Folge immer schneller zu drehen beginnt. 2) Ein über weite Strecken aus extended techniques bestehender Loop-Teil, Musik, die an vorgerückter Stelle nochmals, allerdings ungelooped erklingt. 3) Ein langsamer Abschnitt, geprägt von ineinander verschachtelten Multiphonics und Doppel-Flageoletts, aus denen eine Gesamtharmonik abgeleitet wird und welche als Teppich für einen hoch-expressiven Violinpart dienen. 4)  Ein dem Höhepunkt des Werkes zustrebender „wilder Ritt“ der Solo-Violine, dessen zum Teil hoch-virtuose Gestaltung in ständigem Dialog und Austausch mit dem Ensemble steht. Die Harmonik dieses Teils ist, wie die Obertonspirale zu Beginn des Werkes, ebenfalls eine Art sich quasi unendlich in sich selbst drehende Spiralkonstruktion. Der Abstieg nach dem Höhepunkt besteht aus keinen neuen Ideen, sondern aus einer Verschränkung von bislang erklungenen. 5) In der Coda ein Sich-Entfernen der Solostimme und dem restlichen Ensemble; die Violine wandert „nach oben“, das Ensemble dehnt sich „nach unten“ aus. Das Klavier bleibt „in der Mitte“, mit immer wieder neu ausdifferenzierten, glockenartigen Cluster-Klängen. Die Komposition von Concertino – ein Auftrag von PHACE, das zusammen mit der Geigerin Ivana Pristašová Widmungsträger des Werkes ist – wurde gefördert vom BMKOES und vom SKE-Fonds.

Bericht – PHACE
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